Frühkindliche Reflexe

1 Was sind frühkindliche Reflexe?

Die frühkindlichen Reflexe, auch Primitivreflexe genannt sichern in den ersten Lebensmonaten das Überleben und fördern die Entwicklung des Ungeborenen und Säuglings. Diese Reflexe werden im Hirnstamm umgeschaltet und sind uns deshalb nicht bewusst.


2 Welche frühkindlichen Reflexe kennen wir und was wissen wir über sie?

Die wichtigsten sind: Rückzugs-, FPR oder Furchtlähmungsreflex / Moro-Reflex / STNR / ATNR / TLR  


  • eine Gruppe primitiver Reflexe
  • zum Zeitpunkt der Geburt (40. Woche) vollständig entwickelt   
  • unwillkürliche (automatische) vom Hirnstamm gesteuerte stereotype Bewegungen (Reaktionen) auf einen Reiz 
  • sie dienen dem Überleben und der Entwicklung des Ungeborenen und Säuglings 
  • sie werden in den ersten 6 - 12 Lebensmonaten von höheren Gehirnregionen überlagert und “gehemmt”. 
  • einige von ihnen bleiben im “stand by Modus” für Notfälle ein Leben lang bestehen


Beispiel: Such-Saug-Schluck-Reflex (SSS) Sofort nach der Geburt am stärksten ausgeprägt

  1. Überleben sichern durch Suchen nach der Nahrungsquelle, mit Saugen und Schlucken.
  2. Übertragung vom taktilen zum visuellen Auslöser.
  3. Vorbereitung auf das Sprechen, Mithilfe beim Lächeln und Kauen.

Beginn: ca. 24. und 28. Schwangerschaftswoche, bei der Geburt: vollständig vorhanden.

Hemmung: 3.- 4. Monat, der Saugreflex wird durch das Kauen abgelöst.


Wenn er nicht zur richtigen Zeit angewandt wird, bleibt er frustriert (unerfüllt) und kann nicht losgelassen werden.


3 Warum gibt es frühkindliche Reflexe?

Lebensnotwendig zur Entwicklung und zum Überleben bis zum 1. Lebensjahr:

  • sie ermöglichen Reflex-Bewegung schon im Mutterleib
  • damit Ausbau neuronaler Schaltkreise (Gehirn)
  • Aufbau von Muskelspannung (Tonus)
  • Gleichgewichtsentwicklung
  • Mithilfe in Schwangerschaft und Geburt 


Trainieren das Zusammenspiel von:

  • Bewegungsapparat
  • Muskeln
  • PNS = peripheres Nervensystem (Hirnnerven, Rückenmarksnerven, Eingeweidenerven)
  • ZNS = zentrales Nervensystem (ZNS Gehirn und Rückenmark)
  • Gleichgewichtsorgan 
  • ermöglichen motorische / sensorische Fähigkeiten


4 Warum sollten sie im ersten Lebensjahr integriert “gehemmt” sein?

Mit der Hemmung machen sie Platz für höhere kognitive Fähigkeiten:

  • Nachdem sie ihre Aufgabe erfüllt haben, werden sie von höheren Zentren des Gehirns überlagert und “gehemmt”.
  • Das zeigt sich in willentlichen (bewussten) Handlungen und Reaktionen des Kleinkindes 
  • Bewegungen können selbst bestimmt werden
  • Reflexe funken nicht mehr störend dazwischen


Diese frühkindlichen Reflexe müssen gehemmt werden, sonst funken sie ein Leben lang(!) unbewusst dazwischen, machen uns das Leben schwer, eigenes Potential kann nicht erreicht werden, denn diese Reflexe verwachsen sich nicht. Können sogar in bestimmten Situationen wieder aktiv werden.


5 Gibt es außer den frühkindlichen Reflexen noch andere kindliche Reflexmuster?

Ja, diese sind miteinander verwoben, gehen ineinander über.

Spinale oder Intrauterine Reflexe:

  • Entstehung 5 - 7,5 Wochen nach Empfängnis
  • Hemmung: meist schon bei der Geburt oder vorherige Transformation in primitive Reflexe oder frühkindliche Reflexe
  • Reflex Umschaltung Ort spinale Ebene (d.h., sie gelangen nur bis zum Rückenmark und werden dort in eine Reflexantwort umgeschaltet, unbewusst, automatisch).
  • Beispiel: Furchtlähmungs-Reflex (engl. FPR Fear Paralysis Reflex)


Primitive Reflexe oder frühkindliche Reflexe:

  • Entstehung ab der 9. Schwangerschaftswoche
  • Bei der Geburt (40.Woche) sind sie voll ausgebildet
  • Hemmung: 6-12 Lebensmonat
  • Reflexumschaltungsort: Ebene des Hirnstammes

diese gelangen schon weiter bis in den Hirnstamm, der Körper reagiert ebenfalls mit einer Reflexantwort,      unbewusst, automatisch. Beispiel: Moro-Reflex 


Posturale Reflexe oder Halte- und Stellreaktionen:

  • Entstehung kurz nach der Geburt, entwickeln sich bis 3,5 Jahre weiter     
  • Sind sie einmal etabliert, sollten sie ein Leben lang bleiben
  • Kontrolle über Klein- und Mittelhirn (außer Steuerung von Augenbewegungen)


Beispiel: Augen-Kopfstellreflex / Labyrinth-Kopfstellreflex / Amphibien-Reflex


Brücken Reflexe:

  • Beginnen weder im Mutterleib (also kein echter frühkindlicher Reflex) 
  • noch bleibt er während des ganzen Lebens aktiv (also kein echter Halte- und Stellreflex).     

Beispiele: Landau –Reflex, Symmetrische Tonischen Nackenreflex (STNR)


Segmentäre Roll-Reflexe:

  • spätere Modifikation der Körperstellreaktionen 
  • zuerst Drehen vom Rücken auf Bauch 
  • später Drehen von Bauch in die Rückenlage    


Gleichgewichtsreaktionen:

  • helfen mit, dass Gleichgewicht zu halten, bes. in Bewegung
  • Kontrolle kann beim Laufen, Springen und Hüpfen so aufrechterhalten werden

       Beispiel: Parachute – Reflex = Abstützreaktion


6 Wann entstehen frühkindliche Reflexe?

  • je nach Reflex unterschiedlich
  • bei Geburt voll entwickelt

            

Schwangerschaftswoche / Frühkindlicher Reflex

5. - 9. Woche / Rückzugs-Reflex (FPR)

9. bis 12. Woche / Moro-Reflex

11. Woche / Palmar- Reflex (Greifreflex Hand)

11. Woche / Plantar-Reflex (Greifreflex Fuß)

12. Woche / Tonischer-Labyrinth-Reflex (vorwärts) 

18. Woche / Asymmetrischer-tonischer-Nackenreflex  ATNR

20. Woche / Spinaler- Galant-Reflex 

24. - 28. Woche / Saug-Reflex / Such-Reflex

12. - 40. Woche / Tonischer-Labyrinth-Reflex (rückwärts) 


7 Wie lange treten frühkindliche Reflexe auf?

  • sie sollten zwischen dem 6. und 12. Lebensmonat integriert worden sein, 

       bleiben aber ein Leben lang als primitive Überlebensmechanismen im “stand by-Modus” bestehen.

  • mit der Integration (“Hemmung”) machen sie Platz für die Entwicklung höherer Zentren (Gehirn), das Kleinkind kann jetzt seine Bewegungen mit dem Willen selbst steuern. 
  • Manche Sportarten machen sich die Reflex-Reaktionen weiterhin zu Nutze.

       (Z.B. Stabhochsprung, Basketballspiel, im Ballett).

  • Frühkindliche Reflexe können wieder zurück kommen.


8 Wann kommen frühkindliche Reflexe wieder zurück?

  • sie bleiben als primitive Überlebensmechanismen ein Leben lang im “stand by-Modus” bestehen
  • sie können wieder aktiv werden z.B. bei Trauma, Schock, Unfällen, Hirnverletzungen,
  • im Alter können sie wieder zurück kommen (schlurfender Gang)
  • bei Krankheiten die mit einer Entmyelinisierung (Zerstörung) der Nervenbahnen einhergehen wie z.B. bei MS (multiple sklerose) und Alzheimer 


9 Was versteht man unter persistierende Reflexe?

Wenn frühkindliche Reflexe länger aktiv bleiben, als bis zum 1. Lebensjahr, nennt man dieses auch “Persistenz frühkindlicher Reflexe”... also persistierende (noch vorhandene) frühkindliche Reflexe.


10 Was hat es für Auswirkungen, wenn frühkindliche Reflexe weiterhin bestehen?

z.T. signifikante Auswirkungen auf:

  • die Motorik 
  • die Wahrnehmung 
  • das Lernen 
  • das Verhalten
  • sie funken ein Leben lang störend dazwischen, sie “verwachsen” sich nicht
  • eine normale Entwicklung kann nicht stattfinden
  • Kompensationen erschweren das Leben deutlich
  • das eigene Potential kann nicht erreicht werden


11 Testen Ärzte bei U-Untersuchungen frühkindliche Reflexe?

Kinderärzte testen nach der Geburt, ob frühkindliche Reflexe vorhanden sind, leider testen sie zum gegebenen Zeitpunkt, bzw. bei Auffälligkeiten nicht, ob sie “integriert” wurden.


12 Wie kann man persistierende frühkindliche Reflexe behandeln?

Therapeuten aus verschiedenen Berufsgruppen bieten seit vielen Jahren Integrationsprogramme der frühkindlichen Reflexe an:

Bei den meisten Therapiemethoden steht im Fokus:

  1.  Eine Symptomorientierte Anamnese
  2.  Entwicklungdiagnostik mit körperlicher Testung: 

        (Frühkindliche Reflexe / neuromotorische Aufrichtungsdefizite / Gleichgewicht / Fein-Grobmotorik /     

        Augenmusklelmotorik / Seitigkeitsentwicklung / allgemeines Verhalten / Leistungen in Bezug auf schulische 

        Fähigkeiten)

  1. Integrations-Übungen in der Praxis und/ oder für zu Hause, die Dauer der Therapien beträgt meist zwischen 1 und 2 Jahren.


13 Buch: NDT/INPP® Zeichen neuromotorischer Unreife bei Kindern und Erwachsenen: Screening-Test für Ärzte

geschrieben von Sally Goddard Blythe speziell für Ärzte und Therapeuten


Forschungsergebnisse für die Zusammenhänge zwischen persistierenden frühkindlichen Reflexen und schulischen Lernschwierigkeiten, sowie die Wirkungen der Reflexintegrations-Programme konnten durch Studien belegt werden.


14 Therapien zur “Hemmung” frühkindlicher Reflexe

  • NDT/INPP® Neuromotorische Entwicklungsförderung von Sally Goddard und Dr. Peter Blythe:

Ist die ursprünglichste Therapie dieser Art, seit 1975 werden im Institut of Neurophysiological in Chester (England) sowohl die Auswirkungen von persistierenden (noch aktiven) frühkindlichen Reflexen beobachtet, 

als auch die Wirkungsweise des entsprechenden  NDT/INPP® Reflex - Ausreifungs und Hemm-Programms. Heute findet diese Methode weltweit Anwendung. 


  • DGNE® Die Neurophysiologische Entwicklungsförderung -das NEL Training - ein ganzheitlicher Ansatz

NEL steht als Kurzform für Neurophysiologie, Entwicklung und Lernen. Individuelle Übungen für jedes Alter. Sicherung und Erweiterung des Qualitätsstandards.


  • RIT® -Integration 

RIT steht für ReflexIntegrations Training und ist ein Bewegungsprogramm für Kinder und Jugendliche mit Lern- und Verhaltensproblemen in der Schule und im Alltag. 

RIT ist vergleichbar mit einer Gymnastik ohne Geräte.


  • Rhythmic Movement Training (BRMT® ) von Dr. Harald Blomberg

Fehlende Sinnes- und Gehirn Stimulationen im Säuglings- und Kleinkindalter lassen sich nachholen. Kerstin Linde hat aufgrund Ihrer Beobachtungen von natürlichen rhythmischen Bewegungen bei Kleinkindern ein sehr effizientes Bewegungsprogramm entwickelt: das Rhythmic Movement Training (BRMT).



  • ENWAKO® von Nils Ewald

Neben der “Hemmung” der frühkindlichen Reflexe findet parallel ein gezieltes Wahrnehmungstraining statt.

ENWAKO steht für Entwicklung / Wahrnehmung / Konzentration - Koordination. Eine gute Vernetzung ermöglicht Automatisierung und 

damit schnelleres Arbeiten, Defizite sollen so schnell und gezielt nachgeholt werden.



  • PäPKi® Dr. Wibke Bein-Wierzbinski

Die Entwicklungs- und Lerntherapie nach PäPKi® steht für ein ganzheitliches Förderkonzept, bei dem die Tätigkeitsfelder von Pädagogen und Medizinern näher zusammenrücken, um eine bestmögliche Förderung des Kindes zu bewirken.

Im Mittelpunkt der Förderung steht das nachträgliche Trainieren des Aufrichtungsprozesses in Form von gymnastischen Bodenübungen, welches unter elterlicher Aufsicht zu Hause stattfindet. 



  • ROTA-Therapie® von Doris Bartel

Das Neue an der Rota-Therapie® ist, dass ausschließlich die Rotation als therapeutische Übung eingesetzt wird.

Die ordnende und heilende Wirkung durch Rotation der Wirbelsäule in Haltung und Bewegung soll die belastende Aktivität der Reflexmuster verringern oder sie sogar ganz aufheben.



15 Wie viele frühkindliche Reflexe gibt es?

Es sind ca. 16 dieser Reflexe bekannt, wobei es unterschiedliche Einteilungskriterien gibt, aus diesem Grund differenzieren die Angaben.



16.) Beispiele persistierender frühkindlicher Reflexe aus meiner Praxis

In meiner Heilpraktiker-Praxis zur Entwicklungsförderung habe ich viele Jahre die Auswirkungen beobachten können, wenn frühkindliche Reflexen weiterhin unbewusst dazwischen funken. 

Da sich diese Reflexe nicht verwachsen, sind außer den Kindern auch die Erwachsenen betroffen.


Die folgenden Reflexe kommen am häufigsten in der Praxis vor, da sich die Therapie gegenseitig begünstigt, d.h. wenn ein Reflex gehemmt wird, hat es auch immer Auswirkungen auf die anderen. Es kommt nie ein Reflex alleine vor.


Der Furchtlähmungsreflex (Rückzugsreflex), im englischen FPR (Fear Paralysis Reflex) 

Kind kann nicht wegrennen, erstarrt nur

Ein Motorradfahrer verlor in der Kurve die Kontrolle, dieses rutschte die Straße entlang auf die 10 jährige Luise zu.

Anstatt wegzurennen blieb sie erstarrt stehen. Die Mutter bemerkte es und zog ihre Tochter dort weg.

Ihr ganzes Wesen war auf Rückzug eingestellt. Sie stieg als letzte in den Bus ein, sie traute sich nicht alleine einzukaufen, sie hielt bei Stress die Luft an, sie übernachtete nicht woanders, alles Neue wurde erst einmal abgelehnt oder beobachtet.

Nach wenigen Wochen INPP- Übungen konnten die Eltern eine positive Veränderung bemerken.



Der Moro Reflex hält Körper und Psyche im Griff

Kind fällt immer ungebremst auf den Kopf

Wenn die 4 jährige Sophie stolperte, fiel sie wie ein “Brett um”, landete “ungebremst” auf Kopf oder Gesicht.

Typisch für eine noch aktive Moro-Reaktion, denn bei Schreck (Stolpern) werden die Arme seitlich auseinander gezogen (Phase 1) und die normale Abstützreaktion ist außer Gang gesetzt. Bei ihr ließ sich, der noch zu lang aktive Moro-Reflex durch die INPP-Methode gut integrieren, so dass dieses und weitere typische Symptome schnell verschwanden.



Wutanfälle von morgens bis abends

Mein Kind schreit, benutzt Ausdrücke und tritt

Dieses Verhalten ist nicht absichtlich und tut dem 9 jährigen Hannes danach sehr leid. Grund war bei ihm der noch aktive Moro-Reflex, getriggert und ausgelöst durch ein vorausgegangenes plötzliches Geschehen (Ärger, Enttäuschung, Ungerechtigkeiten ….) Ohne denken zu können reagiert der Körper auf allen Ebenen. 

Hannes reagierte sehr gut auf die Hemmung frühkindlicher Reflexe durch die INPP-Übungen.


Der STNR Reflex auch “Bockkopf Reflex” genannt

Mein Kind weigert sich hin zu gehen und dann will es bleiben

Immer, wenn der 5 jährige Emil zu seinem Opa soll, gibt es Stress. Er bockt extrem, weigert sich dorthin zu gehen, legt sich schreiend auf den Boden. Einen Grund für sein Verhalten hat Emil nicht, denn er liebt seinen Opa. Die Mutter muss ihn mit Gewalt dorthin bringen und wenn sie ihn wieder abholen möchte, fängt das selbe Theater wieder an. Der sehr ausgeprägte STNR Reflex ließ schnell “hemmen” und dieses “bockige” Verhalten verschwand völlig.






























1) Was sind frühkindliche Reflexe?

Die frühkindlichen Reflexe, auch Primitivreflexe genannt sichern in den ersten Lebensmonaten das Überleben und fördern die Entwicklung des Ungeborenen und Säuglings. Diese Reflexe werden im Hirnstamm umgeschaltet und sind uns deshalb nicht bewusst.


2) Welche frühkindlichen Reflexe kennen wir und was wissen wir über sie?

Die wichtigsten sind: Rückzugs-, FPR oder Furchtlähmungsreflex / Moro-Reflex / STNR / ATNR / TLR  


  • eine Gruppe primitiver Reflexe
  • zum Zeitpunkt der Geburt (40. Woche) vollständig entwickelt   
  • unwillkürliche (automatische) vom Hirnstamm gesteuerte stereotype Bewegungen (Reaktionen) auf einen Reiz 
  • sie dienen dem Überleben und der Entwicklung des Ungeborenen und Säuglings 
  • sie werden in den ersten 6 - 12 Lebensmonaten von höheren Gehirnregionen überlagert und “gehemmt”. 
  • einige von ihnen bleiben im “stand by Modus” für Notfälle ein Leben lang bestehen



Beispiel: Such-Saug-Schluck-Reflex (SSS) Sofort nach der Geburt am stärksten ausgeprägt

  1. Überleben sichern durch Suchen nach der Nahrungsquelle, mit Saugen und Schlucken.
  2. Übertragung vom taktilen zum visuellen Auslöser.
  3. Vorbereitung auf das Sprechen, Mithilfe beim Lächeln und Kauen.

Beginn: ca. 24. und 28. Schwangerschaftswoche, bei der Geburt: vollständig vorhanden.

Hemmung: 3.- 4. Monat, der Saugreflex wird durch das Kauen abgelöst.


Wenn er nicht zur richtigen Zeit angewandt wird, bleibt er frustriert (unerfüllt) und kann nicht losgelassen werden.


3) Warum gibt es frühkindliche Reflexe?

Lebensnotwendig zur Entwicklung und Überleben bis zum 1. Lebensjahr:

  • sie ermöglichen Reflex-Bewegung schon im Mutterleib
  • damit Ausbau neuronaler Schaltkreise (Gehirn)
  • Aufbau von Muskelspannung (Tonus)
  • Gleichgewichtsentwicklung
  • Mithilfe in Schwangerschaft und Geburt 


Trainieren das Zusammenspiel von:

  • Bewegungsapparat
  • Muskeln
  • PNS = peripheres Nervensystem (Hirnnerven, Rückenmarksnerven, Eingeweidenerven)
  • ZNS = zentrales Nervensystem (ZNS Gehirn und Rückenmark)
  • Gleichgewichtsorgan 
  • ermöglichen motorische / sensorische Fähigkeiten


4) Warum sollten sie im ersten Lebensjahr integriert “gehemmt” sein?

Mit der Hemmung machen sie Platz für höhere Fähigkeiten:

  • Nachdem sie ihre Aufgabe erfüllt haben, werden sie von höheren Zentren des Gehirns überlagert und “gehemmt”.
  • Das zeigt sich in willentlichen (bewussten) Handlungen und Reaktionen des Kleinkindes 
  • Bewegungen können selbst bestimmt werden
  • Reflexe funken nicht mehr störend dazwischen


Diese frühkindlichen Reflexe müssen gehemmt werden, sonst funken sie ein Leben lang(!) unbewusst dazwischen, machen uns das Leben schwer, eigenes Potential kann nicht erreicht werden, denn diese Reflexe verwachsen sich nicht. Können sogar in bestimmten Situationen wieder aktiv werden.



5) Gibt es außer den frühkindlichen Reflexen noch andere kindliche Reflexmuster?

Ja, diese sind miteinander verwoben, gehen ineinander über.

 Spinale oder Intrauterine Reflexe:

  •  Entstehung 5 - 7,5 Wochen nach Empfängnis
  • Hemmung: meist schon bei der Geburt oder vorherige Transformation in primitive Reflexe oder frühkindliche Reflexe
  • Reflex Umschaltung Ort spinale Ebene (d.h., sie gelangen nur bis zum Rückenmark und werden dort in eine Reflexantwort umgeschaltet, unbewusst, automatisch).
  • Beispiel: Furchtlähmungs-Reflex (engl. FPR Fear Paralysis Reflex)


Primitive Reflexe oder frühkindliche Reflexe:

  • Entstehung ab der 9. Schwangerschaftswoche
  • Bei der Geburt (40.Woche) sind sie voll ausgebildet
  • Hemmung: 6-12 Lebensmonat
  • Reflexumschaltungsort: Ebene des Hirnstammes

d.h., sie gelangen schon weiter bis in den Hirnstamm, der Körper reagiert ebenfalls mit einer Reflexantwort,      unbewusst, automatisch) Beispiel: Moro-Reflex 


 Posturale Reflexe oder Halte- und Stellreaktionen:

  • Entstehung kurz nach der Geburt, entwickeln sich bis 3,5 Jahre weiter     
  • Sind sie einmal etabliert, sollten sie ein Leben lang bleiben
  • Kontrolle über Klein- und Mittelhirn (außer Steuerung von Augenbewegungen)


Beispiel: Augen-Kopfstellreflex / Labyrinth-Kopfstellreflex / Amphibien-Reflex


 Brücken Reflexe:

  • Beginnen weder im Mutterleib (also kein echter frühkindlicher Reflex) 
  • noch bleibt er während des ganzen Lebens aktiv (also kein echter Halte- und Stellreflex).     

Beispiele: Landau –Reflex, Symmetrische Tonischen Nackenreflex (STNR)


 Segmentäre Roll-Reflexe:

  • spätere Modifikation der Körperstellreaktionen 
  • zuerst Drehen vom Rücken auf Bauch 
  • später Drehen von Bauch in die Rückenlage    


 Gleichgewichtsreaktionen:

  • helfen mit, dass Gleichgewicht zu halten, bes. in Bewegung
  • Kontrolle kann beim Laufen, Springen und Hüpfen so aufrechterhalten werden

       Beispiel: Parachute – Reflex = Abstützreaktion


6.) Wann entstehen frühkindliche Reflexe?

  • je nach Reflex unterschiedlich
  • bei Geburt voll entwickelt


                   

Schwangerschaftswoche / Frühkindlicher Reflex

5. - 9. Woche / Rückzugs-Reflex (FPR)

9. bis 12. Woche / Moro-Reflex

11. Woche / Palmar- Reflex (Greifreflex Hand)

11. Woche / Plantar-Reflex (Greifreflex Fuß)

12. Woche / Tonischer-Labyrinth-Reflex (vorwärts) 

18. Woche / Asymmetrischer-tonischer-Nackenreflex  ATNR

20. Woche / Spinaler- Galant-Reflex 

24. - 28. Woche / Saug-Reflex / Such-Reflex

12. - 40. Woche / Tonischer-Labyrinth-Reflex (rückwärts) 


7.) Wie lange treten frühkindliche Reflexe auf?

  • sie sollten zwischen dem 6. und 12. Lebensmonat integriert worden sein, 

bleiben aber ein Leben lang als primitive Überlebensmechanismen im “stand by-Modus” bestehen.

  • mit der Integration (“Hemmung”) machen sie Platz für die Entwicklung höherer Zentren (Gehirn), das Kleinkind kann jetzt seine Bewegungen mit dem Willen selbst steuern. 
  • Manche Sportarten machen sich die Reflex-Reaktionen weiterhin zu Nutze.

 (Z.B. Stabhochsprung, Basketballspiel, im Ballett).

  • Frühkindliche Reflexe können wieder zurück kommen.


8.) Wann kommen frühkindliche Reflexe wieder zurück?

  • sie bleiben als primitive Überlebensmechanismen ein Leben lang im “stand by-Modus” bestehen
  • sie können wieder aktiv werden z.B. bei Trauma, Schock, Unfällen, Hirnverletzungen,
  • im Alter können sie wieder zurück kommen (schlurfender Gang)
  • bei Krankheiten die mit einer Entmyelinisierung (Zerstörung) der Nervenbahnen einhergehen wie z.B. bei MS (multiple sklerose) und Alzheimer 


9.) Was versteht man unter persistierende Reflexe?

Wenn frühkindliche Reflexe länger aktiv bleiben, als bis zum 1. Lebensjahr, nennt man dieses auch “Persistenz frühkindlicher Reflexe”... also persistierende (noch vorhandene) frühkindliche Reflexe.


10.) Was hat es für Auswirkungen, wenn frühkindliche Reflexe weiterhin bestehen?

z.T. signifikante Auswirkungen auf:

  • die Motorik 
  • die Wahrnehmung 
  • das Lernen 
  • das Verhalten
  • sie funken ein Leben lang störend dazwischen, sie “verwachsen” sich nicht
  • eine normale Entwicklung kann nicht stattfinden
  • Kompensationen erschweren das Leben deutlich
  • das eigene Potential kann nicht erreicht werden


11.) Testen Ärzte bei U-Untersuchungen frühkindliche Reflexe?

Kinderärzte testen nach der Geburt, ob frühkindliche Reflexe vorhanden sind, leider testen sie zum gegebenen Zeitpunkt, bzw. bei Auffälligkeiten nicht, ob sie “integriert” wurden.


12.) Wie kann man persistierende frühkindliche Reflexe behandeln?

Therapeuten aus verschiedenen Berufsgruppen bieten seit vielen Jahren Integrationsprogramme der frühkindlichen Reflexe an:

Bei den meisten Therapiemethoden steht im Fokus:

  1.  Eine Symptomorientierte Anamnese
  2.  Entwicklungdiagnostik mit körperlicher Testung: 

(Frühkindliche Reflexe / neuromotorische Aufrichtungsdefizite / Gleichgewicht / Fein-Grobmotorik / Augenmusklelmotorik / Seitigkeitsentwicklung / allgemeines Verhalten / Leistungen in Bezug auf schulische Fähigkeiten)

  1. Integrations-Übungen in der Praxis und/ oder für zu Hause, die Dauer der Therapien beträgt meist zwischen 1 und 2 Jahren.


13.) Buch: NDT/INPP® Zeichen neuromotorischer Unreife bei Kindern und Erwachsenen: Screening-Test für Ärzte

geschrieben von Sally Goddard Blythe speziell für Ärzte und Therapeuten



Forschungsergebnisse für die Zusammenhänge zwischen persistierenden frühkindlichen Reflexen und schulischen Lernschwierigkeiten, sowie die Wirkungen der Reflexintegrations-Programme konnten durch Studien belegt werden.



14.) Therapien zur “Hemmung” frühkindlicher Reflexe

  • NDT/INPP® Neuromotorische Entwicklungsförderung von Sally Goddard und Dr. Peter Blythe:

Seit 1975 werden im Institut of Neurophysiological in Chester (England) sowohl die Auswirkungen von persistierenden (noch aktiven) frühkindlichen Reflexen beobachtet, 

als auch die Wirkungsweise des entsprechenden  NDT/INPP® Reflex - Ausreifungs und Hemm-Programms. Heute findet diese Methode weltweit Anwendung. 


  • DGNE® Die Neurophysiologische Entwicklungsförderung -das NEL Training - ein ganzheitlicher Ansatz

NEL steht als Kurzform für Neurophysiologie, Entwicklung und Lernen. Individuelle Übungen für jedes Alter. Sicherung und Erweiterung des Qualitätsstandards.


  • RIT® -Integration 

RIT steht für ReflexIntegrations Training und ist ein Bewegungsprogramm für Kinder und Jugendliche mit Lern- und Verhaltensproblemen in der Schule und im Alltag. 

RIT ist vergleichbar mit einer Gymnastik ohne Geräte.


  • Rhythmic Movement Training (BRMT® ) von Dr. Harald Blomberg

Fehlende Sinnes- und Gehirn Stimulationen im Säuglings- und Kleinkindalter lassen sich nachholen. Kerstin Linde hat aufgrund Ihrer Beobachtungen von natürlichen rhythmischen Bewegungen bei Kleinkindern ein sehr effizientes Bewegungsprogramm entwickelt: das Rhythmic Movement Training (BRMT).



  • ENWAKO® von Nils Ewald

Neben der “Hemmung” der frühkindlichen Reflexe findet parallel ein gezieltes Wahrnehmungstraining statt.

ENWAKO steht für Entwicklung / Wahrnehmung / Konzentration - Koordination. Eine gute Vernetzung ermöglicht Automatisierung und 

damit schnelleres Arbeiten, Defizite sollen so schnell und gezielt nachgeholt werden.



  • PäPKi® Dr. Wibke Bein-Wierzbinski

Die Entwicklungs- und Lerntherapie nach PäPKi® steht für ein ganzheitliches Förderkonzept, bei dem die Tätigkeitsfelder von Pädagogen und Medizinern näher zusammenrücken, um eine bestmögliche Förderung des Kindes zu bewirken.

Im Mittelpunkt der Förderung steht das nachträgliche Trainieren des Aufrichtungsprozesses in Form von gymnastischen Bodenübungen, welches unter elterlicher Aufsicht zu Hause stattfindet. 



  • ROTA-Therapie® von Doris Bartel

Das Neue an der Rota-Therapie® ist, dass ausschließlich die Rotation als therapeutische Übung eingesetzt wird.

Die ordnende und heilende Wirkung durch Rotation der Wirbelsäule in Haltung und Bewegung soll die belastende Aktivität der Reflexmuster verringern oder sie sogar ganz aufheben.



15.) Wie viele frühkindliche Reflexe gibt es?

Es sind ca.16 dieser Reflexe bekannt, wobei es unterschiedliche Einteilungskriterien gibt, aus diesem Grund differenzieren die Angaben.


16.) Beispiele persistierender frühkindlicher Reflexe aus meiner Praxis

In meiner Heilpraktiker-Praxis zur Entwicklungsförderung habe ich viele Jahre die Auswirkungen beobachten können, wenn frühkindliche Reflexen weiterhin unbewusst dazwischen funken. 

Da sich diese Reflexe nicht verwachsen, sind außer den Kindern auch die Erwachsenen betroffen.


Die folgenden Reflexe kommen am häufigsten in der Praxis vor, da sich die Therapie gegenseitig begünstigt, d.h. wenn ein Reflex gehemmt wird, hat es auch immer Auswirkungen auf die anderen. Es kommt nie ein Reflex alleine vor.


Der Furchtlähmungsreflex (Rückzugsreflex), im englischen FPR (Fear Paralysis Reflex) 

Kind kann nicht wegrennen, erstarrt nur

Ein Motorradfahrer verlor in der Kurve die Kontrolle, dieses rutschte die Straße entlang auf die 10 jährige Luise zu.

Anstatt wegzurennen blieb sie erstarrt stehen. Die Mutter bemerkte es und zog ihre Tochter dort weg.

Ihr ganzes Wesen war auf Rückzug eingestellt. Sie stieg als letzte in den Bus ein, sie traute sich nicht alleine einzukaufen, sie hielt bei Stress die Luft an, sie übernachtete nicht woanders, alles Neue wurde erst einmal abgelehnt oder beobachtet.

Nach wenigen Wochen INPP- Übungen konnten die Eltern eine positive Veränderung bemerken.



Der Moro Reflex hält Körper und Psyche im Griff

Kind fällt immer ungebremst auf den Kopf

Wenn die 4 jährige Sophie stolperte, fiel sie wie ein “Brett um”, landete “ungebremst” auf Kopf oder Gesicht.

Typisch für eine noch aktive Moro-Reaktion, denn bei Schreck (Stolpern) werden die Arme seitlich auseinander gezogen (Phase 1) und die normale Abstützreaktion ist außer Gang gesetzt. Bei ihr ließ sich, der noch zu lang aktive Moro-Reflex durch die INPP-Methode gut integrieren, so dass dieses und weitere typische Symptome schnell verschwanden.



Wutanfälle von morgens bis abends

Mein Kind schreit, benutzt Ausdrücke und tritt

Dieses Verhalten ist nicht absichtlich und tut dem 9 jährigen Hannes danach sehr leid. Grund war bei ihm der noch aktive Moro-Reflex, getriggert und ausgelöst durch ein vorausgegangenes plötzliches Geschehen (Ärger, Enttäuschung, Ungerechtigkeiten ….) Ohne denken zu können reagiert der Körper auf allen Ebenen. 

Hannes reagierte sehr gut auf die Hemmung frühkindlicher Reflexe durch die INPP-Übungen.


Der STNR Reflex auch “Bockkopf Reflex” genannt

Mein Kind weigert sich hin zu gehen und dann will es bleiben

Immer, wenn der 5 jährige Emil zu seinem Opa soll, gibt es Stress. Er bockt extrem, weigert sich dorthin zu gehen, legt sich schreiend auf den Boden. Einen Grund für sein Verhalten hat Emil nicht, denn er liebt seinen Opa. Die Mutter muss ihn mit Gewalt dorthin bringen und wenn sie ihn wieder abholen möchte, fängt das selbe Theater wieder an. Der sehr ausgeprägte STNR Reflex ließ schnell “hemmen” und dieses “bockige” Verhalten verschwand völlig.

















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